Am 13. September 2003 eröffnete der Förderverein Mainschleifenbahn seinen Tourismusverkehr zwischen Volkach-Astheim und der DB-Station Seligenstadt b.W. Seither rollt der rote Schienenbus Jahr für Jahr zwischen Mai und Oktober über diese 1909 fertig gestellte Bahnstrecke und bietet den Reisenden Blicke in die Landschaft, die Autofahrern verborgen bleiben.
Für die ehrenamtlichen Eisenbahner war das zwanzigjährige Jubiläum Anlass, um an der Station Volkach Astheim zu einem kleinen Bahnhofsfest einzuladen. Bei strahlendem Sonnenschein und spätsommerlichen Temperaturen nutzen viele Einheimische und Touristen die Gelegenheit, um sich am Verpflegungsstand zu stärken oder mit dem Schienenbus mitzufahren. Mit neuen Werbebannern beklebt, wird dieser noch bis 15. Oktober an jedem Sonn- und Feiertag fahren. Zum Jahresabschluss sind dann wieder die traditionellen Nikolausfahrten geplant.
Mit einem kleinen Fest erinnerte der Förderverein am Haltepunkt Astheim an die Wiedereröffnung der Mainschleifenbahn am 13.9.2003.
In der Rückschau ist es ein kleines Wunder, dass die Mainschleifenbahn wieder fährt. Eigentlich hatte die Bundesbahn für den 17.7.1995 den Beginn der „Rückbauarbeiten“ angekündigt, doch die damalige Interessengemeinschaft Mainschleifenbahn organisierte den Widerstand auf allen Ebenen. Sogar der damalige Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Michael Glos intervenierte bei der Bahn. Gemeinsam gelang es die Bagger zu stoppen. Im Folgejahr 1996 pendelte am 1. Juni sogar der Prototyp des damals revolutionären Talent-Triebwagens zwischen Astheim und Würzburg. Zunächst sah es aus, als würde die Strecke auf Anregung des bayerischen Wirtschaftsministeriums als Testfall für den Betrieb privatisierter Strecken reaktiviert. Doch am Aschermittwoch 1998 scheiterten am Widerstand des damaligen Verkehrsministers alle Versuche die Volkacher und einige andere bayerische Strecken für den SPNV zu reaktivieren.
Der Traum vom schnellen Nahverkehr I: am 1.6.1996 pendelte der damals brandneue Prototyp des TALENT Triebwagens zwischen Astheim und dem Würzburger Hauptbahnhof.
Trotzdem gab die damalige Interessengemeinschaft Mainschleifenbahn nicht auf. Nach dreijähriger Vorarbeit hatte es der nunmehrige Förderverein geschafft, die 1994 von der DB stillgelegte Strecke anzupachten, freizuschneiden und wieder betriebsfertig herzustellen. Seit 9. Juli 2003 ist sie eine öffentliche, nicht-bundeseigene Eisenbahn mit einer unbeschränkten Zulassung bis 2052. Bis es soweit war, sind 4.237 ehrenamtliche Arbeitsstunden nötig gewesen. Der Freistaat Bayern und Kitzingens Landrätin Tamara Bischof unterstützten das Projekt mit Zuschüssen von jeweils 125.000 Euro. Parallel dazu musste der Verein ein eigenes Eisenbahn-Infrastruktur-Unternehmen gründen, qualifizierte Betriebsleiter finden, Personal ausbilden und amtlich prüfen lassen sowie schließlich auch noch einen Schienenbus finden und antransportieren lassen.
Freie Fahrt für die neue Mainschleifenbahn am 13.09.2003:
Der Volkacher Ratsherr Waldemar Sperling (Mitte) sowie die ehemaligen MdL Karin Radermacher SPD (links) und Franz Brosch CSU (rechts) durchschneiden das Band
Mit dem aus dem Fahrbetrieb erwirtschafteten Geld können seither der Schienenbus, Versicherungen, Gebühren, der Unterhalt der Strecke sowie Kauf und Betrieb der für Streckenarbeiten nötigen Baumaschinen finanziert werden. In den Folgejahren baute der Verein in Prosselsheim eine Abstellanlage samt Halle und Wartungsgrube und renovierte das dortige Bahnhofsgebäude. 2011 war es endlich möglich, der DB die 10 km lange Strecke für einen sechsstelligen Betrag abzukaufen. Nach dem Neubau der Volkacher Mainbrücke konnte 2014 Astheimer Haltepunkt auf den Brückenkopf und neben das vom Verein frisch renovierte Brückenhaus verlegt werden.
Die Aktivitäten der Mainschleifenbahner beschränken sich nicht alleine auf den Fahrbetrieb. Jährlich sind einige Hundert Arbeitsstunden für die Wartung und Überholung des Schienenbusses, den Streckenunterhalt und für Verwaltungsaufgaben nötig. Alles muss stimmen, einen „Museumsbahn-Bonus“ gibt es nicht – auch wenn das mancher glaubt. Regelmäßig werden Fahrzeuge, Personal und Strecke von der Landeseisenbahnaufsicht inspiziert und geprüft.
Doch nicht nur die Vereinsmitglieder haben Freude an ihrem Zug. Auch die Orte an der Mainschleife haben seit 2003 ein touristisches Alleinstellungsmerkmal das Jahr für Jahr nicht nur Tausende von Touristen in die Region lockt. Eine wissenschaftliche Studie ergab, dass allein 2008 ca. 8.000 Personen nur wegen der Bahn gekommen waren. Sie sorgten in Volkach für einen zusätzlichen Umsatz von ca. 112.000 Euro. Inzwischen fahren jedes Jahr um die 11.000 Fahrgäste im Schienenbus mit, Tendenz nach Corona wieder steigend
Schließlich garantiert die Arbeit der Ehrenamtlichen, dass noch immer die Option besteht, in naher Zukunft mit dem Zug von Volkach nach Würzburg (oder umgekehrt) fahren zu können. Die Reisezeit in einem modernen, batterie-elektrischen Triebwagen würde knapp unter einer halben Stunde liegen.
Der Traum vom schnellen Nahverkehr II: Elektrisch mit Strom aus Oberleitung bis Seligenstadt, dann mit Batterie an die Mainschleife.
Prototyp in Gunzenhausen (5.2.2022).
Um das möglich zu machen, haben die Landkreise Kitzingen und Würzburg im Mai 2021 eine kommunale Gesellschaft gegründet, die Mainschleifenbahn Infrastruktur Gesellschaft – kurz MIG. Sie ist seither für die Reaktivierung der Bahnverbindung von Volkach nach Würzburg zuständig. Sollten eines Tages wirklich Züge rollen, dann würden sie vom Freistaat Bayern bestellt und bezahlt, nicht aus der Kreiskasse.